Für die Interviews von Marx. Dialectical Studies sind wir hier in Frankfurt am Main bei Dr. Diethard Behrens, Marx-Forscher und Mitbegründer der Marx-Gesellschaft.
I. Dr. Behrens, könnten Sie uns die Geschichte und die Ziele der Marx-Gesellschaft umreißen?
Im Sommer 1992 begann Backhaus bei der progressiven Professorenschaft in Frankfurt und einigen anderen Orten Unterschriften für zwei Vorhaben zu sammeln: für die Fortsetzung der Edition der MEGA2 und die Gründung einer Marx-Gesellschaft. Im Verlauf des Winters 1992/93 kam es zu zwei Vorbereitungstreffen, an der sich anfangs auch Prof. Josef Esser und die späteren Dozenten Alex Demirović und Christoph Görg, kontinuierlich die Professoren Hans Georg Conert und Helmut Reichelt, später fallweise auch Harald Kerber beteiligten. Als Gast und Mitdiskutant nimmt auf den Kolloquien weitgehend kontinuierlich auch Professor Dr. Rolf Hecker teil.
Hans-Joachim Blank, Kornelia Hafner und Diethard Behrens formulierten einen Einladungstext für die erste offizielle Tagung, zu der Hans Joachim Blank auch ein Adorno-Zitat heraussuchte. Es sei, so heißt es darin, auf die „Neurotisierung“ zu verweisen, „die das Bewußtsein Marx gegenüber angenommen hat“.
Die Konzeption der Gesellschaft als Forum wird nach dem Ende des dogmatischen Marxismus als nicht-orthodoxe und interfraktionelle ins Auge gefaßt.
Auf der ersten Tagung „Grundfragen der Marxschen Theorie“ vom 2.7.-4.7.1993 wird dann die Marx-Gesellschaft mit folgenden Arbeitsschwerpunkten gegründet:
- Kritik der politischen Ökonomie und die Wertformtheorie;
- die gesellschaftstheoretische Relevanz der werttheoretischen Fragestellungen;
- der gesellschaftskritische Gehalt der Marxschen Theorie;
- Beziehungen der Marxschen Theorie zu vorangegangenen und zeitgenössischen Entwürfen in Philosophie, Ökonomie und Politik;
- Rezeptionsgeschichte der Marxschen Theorie;
- das Verhältnis zu Sozialismuskonzeptionen und zu den politischen Dimensionen;
- die aktuelle Theoriedebatte.
Bislang standen theoretische Erörterungen zur Marxschen Theorie im Vordergrund, die kontrovers diskutiert wurden.
II. Organisiert die Marx-Gesellschaft eigene kulturelle Veranstaltungen zur Marx-Forschung?
Die Marx-Gesellschaft organisiert bislang zwei Kolloquien im Jahr zu bestimmten Themen. Die Werttheorie und die Kritik der politischen Ökonomie nahmen darin bisher den größten Raum ein. Es wurden aber auch die Frühschriften und das Geschichtsproblem in einigen Ansätzen diskutiert.
III. Könnten Sie uns einige der Publikationen der Marx-Gesellschaft vorstellen?
Im Rahmen und als Resultat der Arbeit der Marx-Gesellschaft wurden bislang zwei Bände herausgegeben: Geschichtsphilosophie oder das Begreifen der Historizität, 1999 erschienen, Materialistische Theorie und Praxis, 2005 erschienen. Beide wurden von Diethard Behrens im Auftrag der Marx-Gesellschaft herausgegeben. Ein dritter Band zu den Debatten um die Geldtheorie harrt der Publikation.
IV. Verfügt die Marx-Gesellschaft über eine eigene Internetpräsenz?
Es gibt eine eigene Web-Site: www.marx-gesellschaft.de, die derzeit organisatorisch von Frau Dr. Nadja Rakowitz und technisch von Ralph Kliche betreut wird. Dort erscheinen auch die Ankündigungen und Vorschläge zu den inhaltlichen Themen der Kolloquien.
In Namen von Marx. Dialectical Studies bedanken wir uns bei Dr. Behrens und wünschen ihm viel Erfolg bei der Marx-Forschung.
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